Videoslots LG Urteil rund 3.000 €
[Bereitgestellt: 14.04.2022 15:35]
3 R 84/22h
REPUBLIK ÖSTERREICH
LANDESGERICHT FELDKIRCH
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch den Richter Mag. Kallina als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Ladner und Mag. Schwarz als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei nnnnnnnnnnnn nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn vertreten durch Dr. Oliver Peschel, Rechtsanwalt in 1020 Wien, wider die beklagte Partei Videoslots Ltd., The Space, Levels 2 & 3, Alfred Craig Street, PTA 1320 Pieta, Malta, vertreten durch Stadler Völkel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen EUR 3.400,30 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bludenz vom 25. Jänner 2022, 3 C 532/21m-16, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 609,67 (darin enthalten EUR 101,61 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Beklagte, die ihren Sitz in Malta hat, betreibt auf Österreich ausgerichtet Online- Glücksspiel. Die Beklagte verfügt über eine maltesische Casino-B2C-Lizenz, nicht aber über eine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz. Der Kläger spielte über die Homepage der Beklagten www.videoslots.com ausschließlich Online-Glücksspiele, keine Sportwetten, und leistete hierbei im Zeitraum 20.10.2020 bis 24.10.2020 Einzahlungen von EUR 3.400,30. Auszahlungen standen diesen keine gegenüber. Der Kläger registrierte sich von Österreich aus und spielte nur in Österreich zu privaten Zwecken. Nach seiner letzten Einzahlung am 24.10.2020 spielte der Kläger nicht mehr bei der Beklagten.
Der Kläger begehrte im vorliegenden Verfahren die Rückzahlung der erlittenen Spielverluste von EUR 3.400,30 sA mit dem zusammengefassten Vorbringen, die Beklagte verfüge nicht über die notwendige Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz. Nach numehr ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtskonform. Die dynamische Prüfung gebiete keine ständige Neubeurteilung in jedem einzelnen Fall. Was auf Grundlage eines unerlaubten und damit unwirksamen Glücksspielvertrags gezahlt worden sei, sei auf Grundlage des Bereicherungsrechts gerichtlich rückforderbar. Die Beklagte sei unrechtmäßig bereichert, es würde dem Zweck der Glücksspielverbote widersprechen, den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch zu verweigern. Hilfsweise werde der Anspruch auch auf das Schadenersatzrecht gestützt sowie auf jeden sonst erdenklichen Rechtsgrund.
Die Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, sie verfüge über eine von der maltesischen Glücksspielbehörde ausgestellte B2C-Lizenz für Online-Glücksspiele, welche sie auf Basis der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 56 AEUV auch in Österreich anbiete. Unter Verletzung von Unionsrecht sei sie von der Möglichkeit ausgeschlossen, eine österreichische Konzession zu erhalten. Das österreichische Monopolsystem des Glücksspielgesetzes wie auch dessen konkrete Ausgestaltung seien unionsrechtswidrig. Mit Rücksicht auf das höherrangige Unionsrecht erweise sich das Glücksspielangebot der Beklagten keineswegs als illegal. Der Hinweis auf bestehende höchstgerichtliche Judikatur gehe insofern ins Leere, als sich die entscheidungsrelevanten Parameter seit Ergehen der Urteile grundlegend verschoben hätten. Zudem hätten die Höchstgerichte die unionsrechtliche Prüfung, ob die Konzessionsvergabe an die Monopolisten im Einklang mit dem Unionsrecht – insbesondere den Grundfreiheiten und den Geboten der Transparenz sowie der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und den Vorgaben der Richtlinie über die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen – stehe, gar nicht vorgenommen. Die Klage verstoße gegen das Recht der Beklagten auf freien Dienstleistungsverkehr. Die dynamische Kohärenzprüfung sei die unionsrechtliche Pflicht der nationalen Gerichte. An die unionsrechtliche Beurteilung von höheren Instanzen seien die unteren Instanzen nicht gebunden.
Der Kläger habe die Dienstleistungen der Beklagten im Bewusstsein in Anspruch genommen, dass die Beklagte über keine österreichische Glücksspiellizenz verfüge, dies aus freien Stücken und ohne jeglichen Zwang. Er könne sich daher im Nachhinein nicht darauf berufen, keine Kenntnis von der vermeintlichen Unzulässigkeit und Illegalität des Glücksspielangebots der Beklagten gehabt zu haben. Ein Rückforderungsanspruch verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Für den vom Kläger erzielten Unterhaltungswert werde einem allfälligen Rückforderungsanspruch ein angemessenes Entgelt in Höhe von EUR 1.000,00 aufrechnungsweise entgegengehalten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil stellte das Erstgericht die Klagsforderung mit EUR 3.400,30 als zu Recht und die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest (Spruchpunkt 1. und 2.) und erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 3.400,30 samt 4 % Zinsen seit 30.4.2021 zu bezahlen und die mit EUR 1.373,72 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen (Spruchpunkt 3.).
Ausgehend von den auf den Seiten 2 bis 3 des Urteils getroffenen Feststellungen, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird, vertrat das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, nach der Judikatur der österreichischen Höchstgerichte sei das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nach gesamthafter Würdigung aller Auswirkungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht unionsrechtswidrig und bestehe kein Anhaltspunkt für eine Inländerdiskriminierung. Die von der Beklagten in Österreich angebotenen Glücksspiele seien somit verbotene Glücksspiele. Der Verlierer eines nicht vom Glücksspielgesetz bzw einer entsprechenden Konzession gedeckten Glücksspiels könne die aufgrund des unwirksamen Glücksspielvertrags bezahlte Spielschuld zurückfordern. Eine bereicherungsrechtliche Abgeltung eines Unterhaltswerts widerspreche dem Zweck des Glücksspielverbots. Die Kostenentscheidung gründete das Erstgericht auf § 41 ZPO.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung der Beklagten mit dem Abänderungsantrag, die Klage im vollen Umfang kostenpflichtig abzuweisen; hilfsweise wird ein verfahrensrechtlicher Aufhebungsantrag gestellt. Überdies regt die Beklagte an, das Berufungsgericht möge eine Vorlage der im Rechtsmittel aufgezeigten Rechtsfragen zur Vorabentscheidung an den EuGH gemäß Art 267 AEUV in Erwägung ziehen.
Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben und spricht sich gegen die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens aus.
Die Berufung ist nicht berechtigt; die Anregung betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen ist nicht aufzugreifen.
Die Berufungswerberin macht als Berufungsgründe unrichtige rechtliche Beurteilung und wesentliche Verfahrensmängel geltend.
Zusammengefasst vertritt die Berufungswerberin den Standpunkt, das Erstgericht habe entscheidungsrelevante Feststellungen aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht getroffen. Es hätte zum Ergebnis kommen müssen, dass die tatsächliche faktische Ausübung der Tätigkeit des Konzessionärs gemäß §§ 6 bis 12b GSpG als auch die tatsächliche faktische (exzessive) Werbetätigkeit gemäß §§ 6 bis 12b GSpG die in der ständigen Rechtsprechung des EuGH aufgezeigten Grenzen überschreite. Hinzu komme, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, bei welcher es sich gleichzeitig auch um einen Anteilseigner am Konzessionär handle, über Jahre de facto untätig geblieben sei. Die vom Erstgericht zitierte Rechtsprechung lasse die neue Faktenlage (vor allem auch durch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss) unberücksichtigt. Bei richtiger Tatsachenfeststellung und – darauf aufbauend – richtiger rechtlicher Beurteilung erweise sich die faktische Ausübung der Tätigkeit und die faktische Werbetätigkeit des Konzessionärs für sein Dienstleistungsangebot als unionsrechtswidrig. Der streitgegenständliche Spielervertrag sei aufgrund der Vorrangwirkung von Unionsrecht sowie unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und der bindenden zivilrechtlichen Wirkung wirksam zustande gekommen, rechtsgültig und nicht rückabzuwickeln. Das Erstgericht übersehe die von der Beklagten umfassend und fundiert dargebrachten Argumente der im Vergleich zur OGH- Rechtsprechung aus 2016 geänderten faktischen Gegebenheiten, auf welche das Erstgericht inhaltlich nicht eingehe. Spätestens seit Auftauchen des sogenannten Ibiza-Videos sei die Fülle an faktischen Verstößen gegen den Regulierungsrahmen des österreichischen Glücksspielmonopols in den letzten Monaten offenkundig und notorisch. Das Erstgericht hätte diese Urteile lediglich als Beginn einer neuerlichen Prüfung der Tatsachen heranziehen dürfen. Neben der exzessiven Werbepraxis des Monopolisten und der äußeren Inkohärenz des glücksspielrechtlichen Regimes würden auch die angeblichen Ziele des Monopols (Spielerschutz, Hintanhaltung von Kriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) augenscheinlich nicht erreicht. Das Erstgericht lasse den vorgebrachten wesentlichen Umstand außer Acht, dass etwa für das Jahr 2019 der österreichische Finanzminister Glücksspielabgaben von angeblich illegalen Anbietern in Höhe von EUR 123,4 Millionen, vom Konzessionär lediglich EUR 38,2 Millionen eingehoben habe. Der dem Budget verpflichtete Finanzminister sei zugleich oberste Glücksspielaufsicht der Republik und Anteilseigner am Konzessionär. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs und der vorrangig anzuwendenden Dienstleistungsfreiheit das Angebot auf Basis einer einschlägigen, aufrechten maltesischen Glücksspiellizenz somit sehr wohl legitim und rechtskonform ist.
Das Erstgericht habe keine Feststellungen zur fehlenden Kohärenz des österreichischen Monopolsystems getroffen, obwohl diese von der beklagten Partei umfassend und klar aufgezeigt worden sei. Der österreichische Staat habe nie empirisch nachgewiesen, dass tatsächlich ein Problem mit Spielsucht und Kriminalität in der Vergangenheit bestanden habe. Nach der Rechtsprechung des EuGH habe ein Mitgliedstaat das Ziel des Spielerschutzes mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet sei und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliege, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass der österreichische Staat bis dato noch nie nachgewiesen hat, dass tatsächlich ein Problem mit Spielsucht und Kriminalität in der Vergangenheit bestanden hat.
Das österreichische Glücksspielrecht erweise sich insoweit als inkohärent, als Glücksspiele
mit gleichartigem Gefahrenpotential sowie Sportwetten völlig unterschiedlich reguliert würden. So sei für Spielbanken die Vergabe von 15 Konzessionen an private Unternehmen vorgesehen, für Ausspielungen (auch das Internet-Glücksspiel) die Vergabe lediglich einer Konzession. Das Recht zur Durchführung sonstiger Ausspielungen könne unter bedeutend weniger strengen Auflagen an private Rechtsträger übertragen werden, das „kleine Automatenglücksspiel“ sei bis 31.12.2014 den Bundesländern zur Regelung überlassen worden. Diese Inkohärenz sei durch die GSpG-Novellen 2008, 2010 und 2011 weiter verstärkt worden. Dass die Vergabe von Bewilligungen für „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“ in einigen Bundesländern erfolgt sei, in anderen dagegen (vorerst) nicht, zeige, dass die vom EuGH ebenfalls streng geforderte äußere Kohärenz im Bundesstaat nicht gegeben sei. Die in Österreich unterschiedlichen regulatorischen Systeme für die (Sub-)Sektoren Lotterien, Sportwetten, Automaten, Online-Casino etc hätten ihren Ursprung in historischen und fiskalischen Gründen, nicht in Spielerschutzerwägungen oder solchen zur Bekämpfung von Kriminalität. Betreffend das Automatenglücksspiel liege ein Oligopol (mit bis zu 27 Lizenzen der Bundesländer) vor, der Sportwettenbereich sei vollkommen liberalisiert, Lotterien seien hingegen monopolisiert. Nach Auffassung der Europäischen Kommission komme Glücksspielen im Internet keine erhöhte Gefährlichkeit im Vergleich zu ähnlichen stationären Glücksspielen zu, weshalb eine unterschiedliche Behandlung zwingend Fragen im Hinblick auf die Kohärenz aufwerfe. Das Erstgericht hätte über diese Belege in Bezug auf die Inkohärenz des österreichischen Glücksspielsektors Feststellungen treffen müssen.
Das Bundesministerium für Finanzen sei einerseits Aufsichtsorgan über Glücksspielangelegenheiten und erteile die Lizenzen, andererseits sei es für die Eintreibung der Steuern zuständig. So verbiete das Bundesministerium für Finanzen einerseits als Aufsichtsbehörde nicht in Österreich lizenzierten Glücksspielanbietern, ihr Angebot in Österreich zu vertreiben, lukriere jedoch auf der anderen Seite Steuereinnahmen aus deren Tätigkeit. So hätten im Jahr 2019 30 (angeblich) illegale Anbieter mit EUR 123,4 Millionen an Glücksspielsteuer wesentlich mehr als die Monopolisten mit einer Steuerleistung von lediglich EUR 38,2 Millionen beim heimischen Staat abgeliefert. Das Erstgericht hätte insbesondere Feststellungen zu bezahlten Steuern von Online-Glücksspielanbietern treffen müssen.
Das Erstgericht habe sich auch nicht mit dem Vorbringen zu den Video-Lottery-Terminals (VLT) auseinandergesetzt, bei welchen es sich gemäß § 12a Abs 2 GSpG um zentralseitig vernetzte, also mit dem Internet verbundene Terminals handle. Der Inhaber der Lotteriekonzession (ÖLG) habe in ganz Österreich VLTs aufgestellt, welche sich optisch aus Sicht des Verbrauchers nicht von Glücksspielautomaten unterscheiden würden. Obwohl die ÖLG als Konzessionärin gemäß § 14 GSpG grundsätzlich keine Berechtigung zum Angebot von elektronischen Lotterien im stationären Bereich habe, habe sie am 21.5.2004 ihre erste
ortsfeste WINWIN-Spielhalle errichtet, welche sie gemeinsam mit der Casinos Austria AG (CASAG) als de facto sublizenziertes Unternehmen betreibe. Mit der Novelle des GSpG 2010 seien die VLTs explizit den elektronischen Lotterien in § 12a GSpG untergeordnet und diese folglich auch ex lege nachträglich legitimiert worden, wodurch die rechtliche Verwirrung perfekt und folglich die Inkohärenz der bestehenden Regelung unübersehbar sei. Faktisch habe die Konzessionärin ein landesgesetzliches Verbot von Glücksspielautomaten, das in mehreren Bundesländern diskutiert beziehungsweise in Wien bereits umgesetzt worden sei, dadurch ausgehebelt. Das Erstgericht hätte Feststellungen zu den Ausführungen über die WINWIN- Spielhallen und die Video-Lotterie-Terminals treffen müssen. Aus der in einigen Bundesländern teils sehr starken Konzentration an VLTs ergebe sich auch eine mangelhafte bzw fehlerhafte Ausübung des Monopols. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass die ÖLG derzeit mehr als 800 VLTs in sechs Bundesländern in Österreich betreibt, um in weiterer Folge daraus die Unionsrechtswidrigkeit des Monopolsystems in Österreich abzuleiten.
Durch die VLTs habe die ÖLG das in Wien bereits seit Anfang 2015 verbotene kleine Glücksspiel durch die Hintertür wieder nach Wien gebracht. Zwar folge die ÖLG bisher dem internen Kodex, keine VLTs in Ländern aufzustellen, deren Landesregierung diesem Vorhaben nicht zustimme. Dies dürfte sich jedoch seit der Änderung der Mehrheitsverhältnisse in Verbindung mit der tschechischen Sazka-Group geändert haben. Das Erstgericht hätte zu den WINWIN-Spielhallen Feststellungen treffen müssen, insbesondere hätte es feststellen müssen, dass in Wien zwei WINWIN-Spielhallen in unmittelbarer Nähe betrieben werden. Weiters hätte das Erstgericht feststellen müssen, ob seitens der Wiener Landesregierung ein Vertreter deklariert hat, mit der ÖLG in Kontakt gewesen zu sein.
Die CASAG und ÖLG würden gemeinsam auf der Website www.win2day.at Online- Glücksspiel anbieten. Die diesbezüglichen Konzessionsbedingungen würden nicht dem in Art 18 B-VG normierten Bestimmtheitsgebot entsprechen, zumal weder der Begriff des „Sub- Unternehmers“ definiert werde, noch Rahmenbedingungen für die Auswahl, Tätigkeit und Anzahl von Sub-Unternehmern vorgegeben würden. Gegen die unzulässige gemeinsame Lizenzausübung müsste die Aufsichtsbehörde vorgehen, was bislang nicht passiert sei. So habe die ÖLG als Monopolistin große Teile ihres Angebots ausgelagert und vergebe damit de facto Sub-Lizenzen an die CASAG, welche somit de facto Online-Glücksspiel auf dem österreichischen Markt anbieten könne, ohne die Hürde einer eigenen Lizenzerlangung überwinden zu müssen. Dadurch werde eine effektive staatliche Aufsicht ausgehebelt und die staatliche Verwaltung erschwert. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, welche Gesellschaft oder Gesellschaften win2day.at betreibt.
Die ÖLG biete unter der Domain www.win2day.at diverse Produkte und Dienstleistungen in etlichen Sub-Sektoren an. Während die Angebote betreffend Lotterien, Casino, Poker und
Bingo unter den Begriff der Ausspielungen nach § 2 GSpG fielen, unterliege der Bereich der Wetten dem freien Wettbewerb in Österreich. Die ÖLG nütze ihren Steuervorteil im Monopolbereich und nehme ihre Kunden in jenen Bereich mit, der dem freien Wettbewerb unterliege, wodurch es zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung durch Quersubventionierung komme, ohne dass das Bundesministerium für Finanzen als Aufsichtsbehörde dagegen vorgehe. Das Erstgericht hätte Feststellungen dazu treffen müssen, wer die Seite www.win2day.at betreibt und welche Dienstleistungen auf dieser Seite angeboten werden.
Die CASAG sei berechtigt, bis 31.12.2027 bzw 31.12.2030 in Österreich zwölf Spielbanken mit Tages- und Abendspiel zu betreiben. Die mit BGBl 73/2010 in das Gesetz aufgenommenen weiteren Einzelkonzessionen seien, nachdem die Aufhebung der Konzessionsbescheide mit Erkenntnis des VwGH vom 28.6.2016 bestätigt worden sei, bislang weder ausgeschrieben noch aus dem Gesetz gestrichen worden. Es stelle sich die Frage, was der Gesetzgeber damit erreichen wollte. Weswegen die Lizenzen letzten Endes nie vergeben worden seien, bleibe Gegenstand von Spekulationen, wozu auch der laufende parlamentarische Ibiza-Untersuchungsausschuss oder die sonstigen aktuellen Entwicklungen – in den Medien bezeichnet als „Casinos-Affäre“ – mit Spannung erwartet werden dürften.
Auch in Bezug auf Poker habe sich der österreichische Gesetzgeber zu keiner kohärenten Vorgehensweise durchringen können. Bis 2010 hätten Pokerspiele aufgrund der Gewerbeberechtigung „Halten erlaubter Kartenspiele“ angeboten werden können, während Poker mit der Novelle BGBl 54/2010 ex lege zum Glücksspiel erklärt worden und mit BGBl 73/2010 dem Bundesminister für Finanzen das Recht zur Erteilung einer Konzession übertragen worden sei. Nach der Aufhebung von § 1 Abs 2 GSpG und § 22 GSpG durch den VfGH sei § 1 Abs 2 GSpG durch BGBl 13/2014 erneut in das GSpG eingefügt worden. Mit BGBl 118/2015 seien die Pokerlizenzen ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen worden, seit 1.1.2020 sei Poker nur noch ortsfest in Spielbanken zulässig. Das offenkundig planlose Agieren des Gesetzgebers in diesem Zusammenhang vervollständige das Bild einer inkohärenten und überforderten Gesetzgebung.
Das Erstgericht habe auch nicht festgestellt, ob und inwiefern die Ziele des Monopols durch den gegebenen gesetzlichen Rahmen erreicht würden. In Österreich nicht lizenzierte Anbieter wie die Beklagte würden Themen wie Spielerschutz, Verbrechens- und Geldwäschebekämpfung sehr ernst nehmen und den selben Branchenstandards unterliegen wie auch die österreichischen Monopolisten. Das Erstgericht hätte zum Themenkreis Zieleerreichung durch das Monopol feststellen müssen, dass die Beklagte eine aufrechte Lizenz im EU-Mitgliedstaat Malta hält und in den Bereichen Spielerschutz, Verbrechens- und Geldwäschebekämpfung nie negativ aufgefallen ist.
Die plötzliche Abkehr von – ursprünglich mit ordnungspolitischen Erwägungen gleichgestellten
-– fiskalpolitischen Zielen sei ein bloßes Lippenbekenntnis. Das Erstgericht lasse auch das Thema Spielerschutz außer Acht und treffe hiezu keine Feststellungen. Durch zahlreiche Presseartikel sei belegt, dass die Monopolisten den Spielerschutz oftmals nicht so ernst nehmen würden, wie sie der Öffentlichkeit regelmäßig weiszumachen versuchten. Es wäre Sache des Bundes, einen nationalen Suchtplan zu erstellen und die tatsächliche Jahresprävalenz festzustellen. Es obliege nämlich dem Bund zu beweisen, ob tatsächlich ein Problem mit Kriminalität im Bereich des Glücksspiels bestehe respektive bestanden habe. Diesen Beweis habe der Bund bis dato nicht erbracht. Bei Verfolgung der Medien in den letzten Jahren würden innerhalb der Branche letzten Endes nur die österreichischen Monopolisten respektive deren Eigentümer (zB Novomatic) bei einer kriminalistischen Berichterstattung ins Auge stechen: vom Ibiza-Skandal bis hin zum CASAG-Skandal werde die Begehung krimineller Handlungen der Monopolisten derzeit in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen behandelt. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass ein Beweis, ob tatsächlich ein Problem mit Kriminalität im Bereich des Glücksspiels besteht, nicht vorliegt. Folglich wäre das Erstgericht zum Ergebnis gekommen, dass die Rechtfertigung für die Beschränkung der EU-Grundfreiheiten entfalle.
Hinsichtlich der Standards bei der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäscheprävention bestehe kein Unterschied zwischen in Österreich lizenzierten Anbietern und den Monopolisten, zumal hinsichtlich Geldwäschevorschriften europarechtliche Vorgaben zu erfüllen seien. Zudem seien in Österreich Wetten liberalisiert, wobei auch dieses System gut zu funktionieren scheine. Das Erstgericht übergehe die Entscheidung 4 Ob 68/15a, nach welcher Feststellungen darüber zu treffen seien, ob die konkrete Ausgestaltung des Glücksspielmonopols „wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und […] tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“. Zu Klärung der Frage, ob im Einzelfall der Verweis auf die aktuelle höchstgerichtliche Judikatur ausreichend sei, sei bereits die ordentliche Revision zugelassen worden.
Zentrales Thema sei die bedenkliche Geschäfts- und Werbepolitik der österreichischen Konzessionsinhaber, zu welchen das Erstgericht keine Feststellungen getroffen habe. Gemäß
- 56 Abs 1 GSpG hätten die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren. Die Werbung der Monopolisten entspreche nicht den dazu aufgestellten Leitlinien des Bundesministeriums für Finanzen. Glücksspielwerbung im Sinne der Werberichtlinien sollte in erster Linie über das bestehende Glücksspielangebot aufklären und nicht den Konsumenten auf emotionaler Ebene ansprechen. Werbesprüche wie „Reif für die Insel“ oder „Werden Sie reicher als reich“ seien lediglich geeignet, den Kundenzustrom zu maximieren. Durch die enorme Bewerbung des Glücksspiels sei es für Spielsüchtige heute ohnehin schwer, dem Glücksspiel auszuweichen. Durch Medienberichte über hohe Gewinne entstehe bei Konsumenten der fälschliche Eindruck sehr regelmäßiger hoher Gewinne, wodurch die Vorstellungen über die faktischen Gewinnchancen verzerrt würden. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfe die Geschäfts- und Werbestrategie der Konzessionsinhaber lediglich die ohnehin schon zum Spiel entschlossenen potentiellen Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen. Unzulässig sei es aber, zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen aufzufordern und anzuregen und damit auf das Wachstum des gesamten Markts für Spieltätigkeiten abzuzielen. Abzustellen sei dabei auf die Gesamtheit der Werbeaktivitäten im Anwendungsbereich des Monopols. Diese Kriterien seien durch das Marktverhalten der Konzessionsinhaber ÖLG und CASAG gerade nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund sei die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols anzunehmen. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass die Praktiken des Konzessionsinhabers „darauf abzielen“ den Markt zu erweitern und zum anderen, dass der österreichische Monopolist die vom EuGH festgesetzten Werbegrenzen verletzt.
Bis dato fehle eine belastbare Studie zur Wirkung der Werbung der österreichischen Monopolisten. Ausgehend von Studien schaffe die Werbung tatsächlich einen empirischen Nachweis für einen Anreiz zum Glücksspiel, welcher sich auch auf die konkrete Handlungsintention der Werbungsempfänger niederschlage.
Das Erstgericht habe es unterlassen, eine eigenständige „gesamthafte Würdigung“ der Umstände vorzunehmen, obwohl es gemäß der ständigen Rechtsprechung des EuGH dazu verpflichtet gewesen wäre. Es hätte überprüfen müssen, ob im gegenständlichen Fall tatsächlich dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot ausreichend Rechnung getragen worden sei. Hätte das Erstgericht eine solche Prüfung vorgenommen, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass die österreichischen Glücksspielregelungen unionsrechtswidrig seien. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei es Aufgabe jedes nationalen Gerichts, eine derartige Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen, wobei es sich um eine dynamische und nicht um eine statische Prüfung der Kohärenz, die stets anhand der veränderten und tatsächlichen Umstände zu erfolgen habe, handle. In Debatten über die unionsrechtliche Kohärenz der Glücksspielregelung werde Österreich immer wieder als Negativbeispiel für unzulässige Werbung angeführt. Die Argumente der österreichischen Höchstgerichte hielten keiner Überprüfung einer ehrlichen Kontrolle der heranzuziehenden Kohärenzkriterien stand. Es liege somit im gegenständlichen Fall kein „verbotenes“ Glücksspiel mit einer Rückforderbarkeit vor. Die Klage sei somit abzuweisen.
Der Glücksspielmarkt sei seit etwa 2009 offenkundig Jahr für Jahr rasant gewachsen, weshalb erhebliche Zweifel am Faktensubstrat, das dem VfGH-Erkenntnis vom 15.10.2016 zugrunde gelegt worden sei, aufkämen. Eine empirische Erhebung eines renommierten Instituts zeige ein kontinuierliches Anwachsen der Ausgaben für Glücksspiel je Einwohner und Jahr zwischen 2015 und 2018. Auffallend sei, dass vom Konzessionsinhaber in seiner Werbung neue Zielgruppen wie zum Beispiel Frauen und junges Publikum massiv angesprochen würden. Die Werbetätigkeit sei somit keinesfalls maßvoll im Sinne der Judikatur des EuGH. Vor allem im Jahr 2020 im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise habe die ÖLG eine Werbeoffensive gestartet, welche ihresgleichen suche. Das Erstgericht hätte daher Feststellungen zu den angeführten staatlichen Aktivitäten und Versäumnissen und insbesondere zur Werbetätigkeit des Monopolisten treffen müssen. Das Erstgericht hätte tragfähige Feststellungen zur nationalen glücksspielrechtlichen Ausgestaltung, insbesondere zur Entwicklung des Glücksspielmarkts in Österreich treffen müssen. Es wäre dann zum Ergebnis gekommen, dass diese Werbetätigkeit unverhältnismäßig und damit unionsrechtswidrig sei und das innerstaatliche Recht in Bezug auf das behauptete Verbot des Online-Glücksspielangebots der Beklagten nicht anzuwenden sei.
Auf die angeführten Argumente werde in den vom Erstgericht zitierten Entscheidungen der Höchstgerichte nicht eingegangen, sondern würden diese ohne inhaltliche Behandlung „weggewischt“. Die faktischen Gegebenheiten hätten sich seit den letzten höchstgerichtlichen Entscheidungen grundlegend geändert bzw seien falsch erkannt und gewertet worden, was zwingend eine Neubewertung der höchstgerichtlichen Judikatur erfordere.
Das Erstgericht setze sich nicht (hinreichend) mit der Rechtsprechung des EuGH auseinander. Die Rechtsprechung des EuGH sei von den nationalen Gerichten nur lücken- und mangelhaft übernommen worden. Es seien klare Anhaltspunkte gegeben, die für eine unionsrechtswidrige Einstufung des österreichischen Monopolsystems des Glücksspielgesetzes bzw dessen konkrete Ausgestaltung in Österreich sprechen würden. Diese Ansicht teile auch die herrschende Lehre.
Hätte das Erstgericht zum ausführlichen Vorbringen der Beklagten die oben angeführten Feststellungen getroffen, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass aufgrund des Vorliegens des legalen Angebots der Beklagten die zivilrechtliche Rückforderbarkeit von verlorenen Einsätzen wegen angeblicher Nichtigkeit nicht gegeben sei.
Der Kläger habe aus freien Stücken und ohne jeglichen Zwang bei einem in der EU lizenzierten Glücksspieldienstleister und nicht bei einem österreichischen Monopolisten gespielt. Nehme ein Spieler bewusst an einem (hier nicht vorliegenden) illegalen Glücksspiel teil, verstoße eine Klage auf Rückersatz der Spielverluste gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Erstgericht lasse dies unberücksichtigt.
Das Erstgericht habe auch zu Unrecht die Berechtigung der eingewendeten Gegenforderung verneint. Glücksspiel an sich (beim österreichischen Monopolisten) sei in Österreich nicht verboten. Es scheine, dass ohne rechtliche Grundlage eine doppelte Sanktion gegen die Beklagte verhängt werden solle, wenn diese den Spieleinsatz zurückzahlen müsse und nichts für ihre Dienstleistung erhalte. Das Online-Glücksspiel sei nicht nur als Glücksvertrag, sondern auch als Dienstleistungsvertrag zu qualifizieren (gemischter Vertrag). Der Kläger habe die vereinbarte, einwandfreie Dienstleistung erhalten. Wenn die Beklagte den Einsatz aus den Spiel zurückbezahlen müsse, habe auch der Kläger das Erhaltene zurückzustellen. Der Kläger habe folglich gegenständlich ein Benützungsentgelt zu leisten und sei zum Ersatz des Unterhaltungswerts in der Höhe von zumindest EUR 1.000,00 zu verpflichten.
Zum Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird ausgeführt, das Erstgericht habe durch Außerachtlassen eines wesentlichen Teils des Prozessstoffs im Rahmen der Beweiswürdigung seine Begründungspflicht verletzt und einen Formalfehler des Urteils verwirklicht. Das Erstgericht sei in seiner Begründung lediglich auf die Beweise des Klägers eingegangen, mit keinem Wort aber auf die Beweise der Beklagten. Darin liege eine mangelhafte Begründung des Urteils.
Eine Mangelhaftigkeit erblickt die Berufungswerberin auch in dem Umstand, dass das Erstgericht von der Parteieneinvernahme von nnnnnnnnnnnn und der Einvernahme der Zeugen nnnnnnnnnnnn und nnnnnnnnnnnn Abstand genommen habe, ohne dies im Urteil hinreichend zu begründen. Die Beklagte habe die Parteieneinvernahme und die Einvernahme der genannten Zeugen dafür beantragt, dass die Beklagte Themen wie Spielerschutz, Verbrechens- und Geldwäschebekämpfung sehr ernst nehme und gesetzmäßig umsetze. Durch die Einvernahmen hätte bewiesen werden können, dass höchste Standards eingehalten würden, um den international unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.
Im Zusammenhang mit der Behauptung einer unzulässigen Werbepraxis des Monopolisten macht die Berufungswerberin als Verfahrensmangel geltend, dass das Erstgericht ihrem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Werbepsychologie nicht entsprochen habe. Ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Werbepsychologie sei zum Beweis dafür angeboten worden, dass die Werbetätigkeit der Monopolisten, der Casinos Austria AG sowie der Österreichischen Lotterien GmbH sowie deren Mutter-, Tochter- bzw sonst verbundenen Gesellschaften, im relevanten Zeitraum nicht „maßvoll und begrenzt“ gemäß der Rechtsprechung des EuGH gewesen sei, sondern dass die betreffenden Werbekampagnen sowie die expansionistische Politik der Monopolisten vielmehr „verlockend bedeutende Gewinne in Aussicht gestellt“ sowie „neue Zielgruppen zum Spielen zu animieren versucht“ habe und diese damit auf das Wachstum
beim gesamten Markt an Spieltätigkeiten abgezielt habe, und dass die gegenständlichen Werbekampagnen sowie die expansionistische Politik der Monopolisten im relevanten Zeitraum und vor allem seit März 2020 (dem Ausbruch der Covid-19-Krise) nicht geeignet gewesen seien, Anreize für übermäßige Spielausgaben bei den Adressaten zu vermeiden, die Bekämpfung der Spielsucht zu gewährleisten sowie insgesamt gemäß der Rechtsprechung des EuGH „die Spiellust in kontrollierbare Bahnen zu lenken“.
Zu den geltend gemachten Verfahrensmängeln:
Grundsätzlich muss ein Stoffsammlungsmangel, um einen Verfahrensmangel zu begründen, zumindest abstrakt geeignet sein, die Unrichtigkeit der Entscheidung zum Nachteil der rügenden Partei herbeizuführen. Das heißt, die Berufungswerberin muss, um den Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens gesetzmäßig auszuführen, darlegen, welche konkreten Feststellungen bei Aufnahme der von ihr beantragten Beweise zu treffen gewesen wären, und welche für sie günstigen Verfahrensergebnisse bei Unterbleiben des Verfahrensmangels erzielt worden wären und wie sich diese auf die Sachverhaltsgrundlage ausgewirkt hätten (RS0043039 [T4, T5]).
Da, wie bei Behandlung der Rechtsrüge noch näher zu begründen sein wird, das österreichische Glücksspielmonopol als unionsrechtskonform zu beurteilen ist, sind Beweisaufnahmen und Feststellungen dazu, dass die Beklagte Themen wie Spielerschutz, Verbrechens- und Geldwäschebekämpfung sehr ernst nimmt, entbehrlich. Von der Parteieneinvernahme und der Einvernahme der angebotenen Zeugen hat das Erstgericht daher zu Recht und mit zutreffender Begründung Abstand genommen.
Was das beantragte Gutachten aus dem Bereich der Werbepsychologie betrifft, ist zu beachten, dass es sich bei der Beurteilung, ob eine Werbetätigkeit als maßvoll und begrenzt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu werten ist, um eine Rechtsfrage handelt, die nicht durch Sachverständigen zu klären ist (LG Feldkirch 2 R 112/21t, 2 R 234/21h). Darüber hinaus hat die Beklagte, obwohl sie die Behauptungs- und Beweislast in Bezug auf die Tatsachen trifft, aus welchen sich der Einwand der Unionsrechtswidrigkeit ableitet (RS0129945), in ihrer Verfahrensrüge nicht konkret ausgeführt, zu welchen faktischen Werbetätigkeiten der Monopolisten das begehrte Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen und seit wann diese Werbetätigkeiten auf dem österreichischen Markt erfolgt sind. Dies wäre erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, ob diese Werbemaßnahmen nicht bereits Gegenstand der höchstgerichtlichen Entscheidungen waren und ob sie daher abstrakt geeignet sind, eine andere Beurteilung der Kohärenz durch die Rechtsprechung herbeizuführen.
Auch ist darauf hinzuweisen, dass selbst ein allfälliges unionsrechtswidriges Werbeverhalten der Konzessionäre wegen der vom EuGH geforderten Gesamtbetrachtung noch nicht den
rechtlichen Schluss auf eine Inkohärenz des gesamten GSpG zuließe (OLG Innsbruck 1 R 87/20h; 3 Ob 72/21s; LG Feldkirch 3 R 84/21g, 2 R 112/21t, 2 R 234/21h).
Die im Rechtsmittel gerügten Stoffsammlungsmängel sind somit zu verneinen.
Welche konkreten Teile des Prozessstoffs bzw Beweisergebnisse das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung nicht berücksichtigt hat, wird in der Berufung nicht ausgeführt. Auch wird nicht konkret dargelegt, auf welche Beweismittel der Beklagten das Erstgericht nach Auffassung der Berufungswerberin einzugehen gehabt hätte. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
Zur Rechtsrüge:
Festzuhalten ist zunächst, dass das Erstgericht zu Recht und von den Parteien unbeanstandet österreichisches Sachrecht angewendet hat.
Nach der Rechtsprechung des EuGH steht es den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen (EuGH C-98/14, Berlington Hungary, Rn 56 mwN). Nationale Beschränkungen müssen aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (C-316/07, Stoß, Rn 77 mwN). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung billigt der EuGH den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum zu (3 Ob 106/21s; 3 Ob 72/21s). Die Regelung muss jedoch geeignet sein, die Verwirklichung des zulässigen Ziels in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (1 Ob 229/20p mwN).
Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit dem Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen. Können aber bei Regelungen, bei denen sowohl der Wortlaut als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren. Damit trifft den Beklagten die Verpflichtung zur Behauptung entsprechender Tatsachen, weil es sich beim Einwand der Unionsrechtswidrigkeit um eine anspruchsvernichtende Einwendung handelt (RS0129945).
Der EuGH hat die Kriterien für eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts, insbesondere des in § 3 GSpG normierten Glücksspielmonopols, festgelegt und ausgesprochen, dass die Ausgestaltung des österreichischen Glücksspielmonopols unionsrechtswidrig wäre, wenn diese Regelungen nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgen und nicht tatsächlich dem Anliegen entsprechen würden, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (EuGH C-64/08 Engelmann; C-347/09, Dickinger und Ömer; C-390/12, Pfleger). Es obliegt nach Auffassung des EuGH dem nationalen Gericht, anhand der vom Gerichtshof gegebenen Hinweise zu bestimmen, ob eine glücksspielrechtliche innerstaatliche Monopolregelung als kohärent im Hinblick auf die Art 56ff AEUV anzusehen ist (EuGH C-79/17, Gmalieva). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien gelangte der Oberste Gerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (E 945/216) und des Verwaltungsgerichtshofs (Ro 2015/17/0022 und Ra 2018/17/0048) in zahlreichen Entscheidungen zum Ergebnis, dass das österreichische System der Glücksspielkonzession einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (RS0130636; 4 Ob 125/18p, 3 Ob 57/19g, 3 Ob 72/21s, 5 Ob 30/21d, 1 Ob 229/20p, 9 Ob 20/21p, 3 Ob 106/21s, 7 Ob 163/21b, 3 Ob 200/21i, 4 Ob 213/21h). In seinen letzten Entscheidungen vom 17.12.2021 und 10.12.2021 verwies der Verwaltungsgerichtshof zuletzt auf das Ergebnis seiner Gesamtwürdigung der Umstände zur Prüfung der Unionsrechtskonformität der Monopolregelung im Glücksspielsektor in den Erkenntnissen vom 16.3.2016 (Ro 2015/17/0022) und 11.7.2018 (Ra 2018/17/0048, 0049) und sah sich nicht veranlasst, von dieser Beurteilung abzugehen (Ra 2019/17/0033; Ra 2020/17/0112). In seinem Erkenntnis vom 12.6.2018 (E 858/2018) hielt der Verfassungsgerichtshof an der im Erkenntnis vom 15.10.2016 (E 945/2016) ausführlich begründeten Beurteilung der Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols ausdrücklich fest.
Der EuGH setzte sich erst jüngst (C-920/19, Fluctus und Fluentum) wieder mit dem österreichischen Glücksspielmonopol auseinander und bestätigte seine bisherige Rechtsprechung zu den Grenzen der Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen. Danach sind für die Prüfung der Kohärenz einer expansiven (Werbe-)Politik des Monopolisten auch Umstände wie aggressive Werbemaßnahmen privater Anbieter zugunsten rechtswidriger Aktivitäten oder die Heranziehung neuer Medien, wie des Internets, durch private Anbieter zu berücksichtigen und ist eine Inkohärenz von das Glücksspielangebot beschränkenden Maßnahmen nicht allein deshalb anzunehmen, weil die Werbepraktiken des Monopolisten darauf abzielen, zur aktiven Teilnahme an den Spielen anzuregen, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen, erhöht wird (Rn 52 f).
Aufgrund dieser Entscheidung des EuGH sowie der bereits zuvor von allen drei Höchstgerichten in ständiger Rechtsprechung angenommenen Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass diese
Frage abschließend beantwortet ist (vgl 1 Ob 229/20p).
Zu den Werbepraktiken der Konzessionäre, denen die beklagte Partei in ihrer Argumentation besonderes Gewicht beimisst, wurde vom OGH zuletzt in den Entscheidungen zu 3 Ob 72/21s und 3 Ob 106/21s festgehalten, dass selbst – von der Beklagten behauptete – exzessive Werbepraktiken der Konzessionäre keineswegs zur Unzulässigkeit des Konzessionssystems bzw des „Glücksspielmonopols“ führen müssen, weil in einem solchen Fall auch eine (allenfalls interpretative) Reduktion der Werbemaßnahmen auf das unionsrechtlich zulässige Maß in Betracht kommt.
Als Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch den ordnungspolitischen Rahmen für den Glücksspielsektor (hier: für Online-Glücksspiele) durch das österreichische Konzessionssystem sind der Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (zB Betrugsvorbeugung und Verhinderung von Kriminalität wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung), Jugendschutz, Verbraucherschutz, Spielerschutz (Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen) und Spielsuchtbekämpfung als legitime Schutzziele vom EuGH anerkannt (3 Ob 106/21s; C-390/12, Pfleger, Rn 41 f; C-920/19, Fluctus/Fuentum, Rn 33 f). Für Werbemaßnahmen der Konzessionäre ist das Ziel, Glücksspieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken und Bürgern die Möglichkeit zu geben, erlaubten und geregelten Spiel- oder Wetttätigkeiten nachzugehen, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses (3 Ob 106/21s; C-920/19, Fluctus/Fuentum, Rn 38 und 47). Dementsprechend kann auch der maßvolle Einsatz von Werbung sowie von neuen Vertriebstechniken eine kohärente Politik sein, um das Ziel, die Spieltätigkeiten in kontrollierte Bahnen zu lenken, verwirklichen zu können (3 Ob 106/21s; C-347/09, Dickinger/Ömer, Rn 67; C-79/17, Gmalieva, Rn 27).
Da es den Mitgliedstaaten freisteht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen (3 Ob 106/21s; C-316/07, Stoß, Rn 77 und 81), obliegt grundsätzlich auch den einzelnen Mitgliedstaaten – in Ermangelung einer Harmonisierung auf diesem Gebiet – die Beurteilung, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, sowie die Wahl der Bedingungen für die Organisation und Kontrolle der Spieltätigkeiten im Rahmen des den nationalen Behörden zustehenden Ermessens (C-920/19, Fluctus/Fluentum, Rn 27 f). Die Mitgliedstaaten haben demnach auch zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl C-390/12, Pfleger, Rn 45). Der EuGH hat auch schon zum Ausdruck gebracht, dass von Online-Glücksspielen im Vergleich zu herkömmlichen Glücksspielen durchaus ein größeres Gefahrenpotential ausgeht (3 Ob 106/21s mwN).
Daraus folgt, dass für Online-Glücksspiele restriktivere Maßnahmen unionsrechtlich zulässig sind (3 Ob 106/21s).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist das Argument der Beklagten nicht zutreffend, dass entscheidende Fragen nicht (festgestellt und nicht) geklärt seien, was insbesondere für die von der Beklagten zentral in den Vordergrund gerückten Werbetätigkeiten des Monopolisten gilt. Im Lichte der hier dargestellten Judikatur der österreichischen Höchstgerichte wie auch jener des EuGH liegen keine für das vorliegende Verfahren zu entscheidenden Rechtsfragen in ungeklärter Form vor, sondern macht bei genauer Betrachtung die Beklagte ausschließlich Argumente geltend, mit denen sich die Höchstgerichte bereits befasst haben, die durch höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt und welche letztlich nicht geeignet sind, in gegenständlichem Verfahren eine von diesen Entscheidungen abweichende rechtliche Beurteilung herbeizuführen (vgl LG Feldkirch 2 R 112/21t). Sie stützt sich im Wesentlichen nur auf eine gegenteilige Beurteilung schon beantworteter Fragen und versucht weiterhin, die generelle Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols in Form des Konzessionssystems aufzuzeigen (3 Ob 72/21s). Konkrete Umstände, die sich seit der Beurteilung der Kohärenz durch die Rechtsprechung geändert hätten (3 Ob 106/21s; 3 Ob 72/21s; 5 Ob 30/21d; 1 Ob 229/20p; 3 Ob 57/19g; 4 Ob 30/17s), vermag die beklagte Partei nicht aufzuzeigen. Im Hinblick auf die geschilderte Rechtslage, die von einer mittlerweile als ständige Rechtsprechung zu bezeichnenden Judikatur (vgl RS0130636) geprägt ist, ist dem Argument der Beklagten der Boden entzogen, dass den zitierten Judikaten unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde lägen. Vielmehr ist klarzustellen, dass der Oberste Gerichtshof auch in Rechtssachen, in denen es ebenfalls um den Rückersatz von Online- Spielverlusten ging, wiederholt denselben Rechtsstandpunkt eingenommen hat (vgl 3 Ob 106/21s; 3 Ob 72/21s; 5 Ob 30/21d; 9 Ob 20/21p; 1 Ob 229/20p; 3 Ob 106/21s).
Zusammengefasst ist damit festzuhalten, dass das Berufungsgericht auf Grundlage des Prozessvorbringens im vorliegenden Verfahren keinen Anlass sieht, von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols abzuweichen. Es bedarf ausgehend davon auch keinerlei ergänzender Feststellungen, sodass die behaupteten sekundären Feststellungsmängel der angefochtenen Entscheidung nicht anhaften.
Dass die Spieleinsätze aus einem verbotenen Glücksspiel zurückgefordert werden können, entspricht der ständigen Rechtsprechung (RS0025607 [T1]; 4 Ob 213/21h). Den Rückforderungsanspruch zu verweigern, widerspräche dem Zweck der Glücksspielverbote (RS0025607 [T1]; 3 Ob 106/21s).
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entspricht dem Zweck der Glücksspielverbote. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit iSd § 879 Abs 1 ABGB ist immer dann anzunehmen, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert ist oder der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäfts notwendigerweise verlangt (RS0016837; RS0016840). Bei Verstößen gegen Gesetze, die – wie das GSpG – dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute und deshalb von Amts wegen wahrzunehmen. Auf diese Nichtigkeit kann sich der Vertragspartner auch dann berufen, wenn er die Nichtigkeit beim Vertragsabschluss kannte, weil der Zweck solcher Verbotsnormen anders kaum zu erreichen wäre (RS0016432). Aus diesem Grund kann – entgegen der Argumentation der Beklagten unter Hinweis auf die Rechtsprechung deutscher Gerichte – dem Rückforderungsanspruch auch selbst im Falle der Kenntnis des Klägers vom Fehlen einer Glücksspielkonzession der Beklagten in Österreich nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden. Ausgehend von dieser Beurteilung ist dem Erstgericht beizupflichten, dass infolge Nichtigkeit des Vertrags der Kläger berechtigt ist, die gezahlte Wett- oder Spielschuld zurückzufordern, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder § 1432 ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde.
Die Berücksichtigung eines Entgelts für einen erlangten Unterhaltungswert aus einem verbotenen Glücksspiel widerspricht eklatant dem Zweck des Glücksspielverbots. Ein verbotenes Glücksspiel besitzt keinen abgeltbaren Unterhaltungswert, andernfalls käme es über den Umweg eines Bereicherungsanspruchs zu einer Entgeltlichkeit des nichtigen Vertrags, was die Intention des Gesetzes unterliefe. Das Erstgericht hat somit zutreffend auch die Berechtigung der eingewendeten Gegenforderung verneint.
Mit Rücksicht auf die aktuelle Entscheidung des EuGH vom 18.5.2021 (C-920/90, Fluctus und Fluentum) sieht sich das Berufungsgericht nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH heranzutragen (vgl 4 Ob 213/21h, 3 Ob 106/21s).
Der Berufung ist aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
Landesgericht Feldkirch, Abteilung 3 Feldkirch, 5. April 2022
Mag. Christoph Kallina, Richter
Elektronische Ausfertigung gemäß § 79 GOG