Masonslots LG Urteil rund 8.000 €

[Bereitgestellt: 25.02.2022 12:24]

IM NAMEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richterinnen des Landesgerichtes Mag. M. Fischer (Vorsitzende), S. König LL.M. (WU) und VP Mag. B. Eisenmagen, in der Rechtssache der klagenden Partei nnnnnnnnnnnn, nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn, vertreten durch Dr. Oliver Peschel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N1 Interactive Ltd., M-VLT1451 Valletta, 206, Wisely House, Old Bakery Street, Malta, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 8.314,- s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Melk vom 21.09.2021, 4 C 204/21a-14, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird  n i c h t  F o l g e  gegeben.

 

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.215,48 (darin EUR 202,58 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.


Die ordentliche Revision ist
  n i c h t  z u l ä s s i g .

 
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Urteiles für zutreffend. Die Wiedergabe des Parteienvorbringens, der Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes ist daher nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine kurze Begründung (§ 500a 2. Satz ZPO).
Soweit die Berufungswerberin unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt, das Ersturteil enthalte keinerlei eigene Feststellungen und keinerlei

 

Beweiswürdigung, so muss sie darauf verwiesen werden, dass das angefochtene Urteil einen Urteilssachverhalt samt Aufstellung der geleisteten Zahlungen (Seite 3 bis 20) sowie diesbezügliche Beweiswürdigungsüberlegungen (Seite 20)) aufweist und somit keinesfalls mit formellen Defiziten im Sinne der §§ 417 Abs. 2, 496 Abs. 1 Z 2 ZPO behaftet ist.

Die weiters unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit ausführlicher Begründung vorgetragene Rüge, das Erstgericht habe jegliche eigene Feststellungen zum Thema der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols, insbesondere zum Spielerschutz, der Maximierung der Steuer- bzw. Staatseinnahmen, der Kriminalitätsbekämpfung, der tatsächlichen Wirkung der Regelungen sowie der exzessiven Werbung unterlassen, dabei lediglich auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und die Klärungsbedürftigkeit dieser Themenkomplexe auf der Tatsachenebene außer Acht gelassen, stellt eine Geltendmachung sekundärer Feststellungsmängel (§ 496 Abs. 1 Z 3 ZPO) dar, ist insofern der Rechtsrüge zuzuordnen und kann inhaltlich gemeinsam mit der Rechtsrüge im engeren Sinne behandelt werden.

Dazu ist zusammengefasst wie folgt Stellung zu nehmen:

 

Alle drei österreichischen Höchstgerichte gehen nunmehr in ständiger Judikatur davon aus, dass das österreichische Glücksspielmonopol- bzw. Konzessionssystem bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen (insbesondere auch der Werbemaßnahmen der Konzessionäre) auf dem Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht, wobei zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Zusammenfassung der entsprechenden Rechtsprechung zu 9 Ob 20/21p vom 24.06.2021 sowie die jüngst ergangenen Entscheidungen vom 12.10.2021 zu 1 Ob 135/21s und vom 21.10.2021 zu 4 Ob 94/21h verwiesen werden darf. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Wie sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung ergibt, ist hier ein Zeitraum von Juli 2020 bis November 2020 verfahrensgegenständlich. Nach diesem Zeitraum sind bereits etliche Entscheidungen des OGH ergangen, welche an der bisherigen Judikatur festhalten (so insbesondere 1 Ob 229/20p, 9 Ob 20/21p = RIS-Justiz RS0130636T7, 1 Ob 135/21s). Vor diesem Hintergrund ist die von der Berufungswerberin angesprochene Beweislastjudikatur mit dem daraus resultierenden Feststellungsbedarf (RIS-Justiz RS0129945T1) nicht weiter relevant. Die von der Berufungswerberin im Verfahren vorgelegten Gutachten (Beilagen ./1 bis ./4) stammen vom 17.06.2021, vom 07.09.2020, vom 08.06.20217 und vom 24.05.2016 und erscheinen somit durch die neueste höchstgerichtliche Rechtsprechung überholt. Das als Beilage ./1 vorgelegte Rechtsgutachten von Univ.Prof. Dr. Franz Leidenmühler vom 17.06.2021 betrifft die Frage der Zulässigkeit des Betriebs von Pokerspielsalons vor dem Hintergrund der Grundfreiheiten des Unionsrechts (erstellt im Auftrag der CCC) und ist überdies gar nicht einschlägig für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen.


Zu bedenken bleibt auch, dass sich der EuGH in der seitens der Beklagten mehrfach zitierten Entscheidung zu C-920/19, 18.05.2021, Fluctus/Fluentum, erneut mit dem österreichischen Glücksspielmonopol befasste und seine bisherige Rechtsprechung zu den Grenzen der Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen aufrecht hielt. Er geht nach wie vor davon aus, dass für die Prüfung der Kohärenz einer expansiven (Werbe-)Politik des Monopolisten auch Umstände wie aggressive Werbemaßnahmen privater Anbieter zugunsten rechtswidriger Aktivitäten oder die Heranziehung neuer Medien wie des Internets durch private Anbieter zu berücksichtigen seien und eine Inkohärenz von das Glücksspielangebot beschränkenden Maßnahmen nicht allein deshalb anzunehmen sei, weil die Werbepraktiken des Monopolisten darauf abzielen, zur aktiven Teilnahme an den Spielen anzuregen, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen, erhöht werde (Rn 52 f, 1 Ob
229/20p).

Erst jüngst hat sich der OGH in den Entscheidungen 1 Ob 135/21s vom 12.10.2021,  9 Ob 20/21p  vom  24.06.2021,  1 Ob 229/20p  vom  22.06.2021,5 Ob 30/21d vom 07.06.2021 und 3 Ob 72/21s vom 20.05.2021 – unter Bedachtnahme auf die seitens der Berufungswerberin zitierten Entscheidungen des EuGH – mit den Argumenten der Berufungswerberin zur Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols auseinandergesetzt. Auch der Verfassungsgerichtshof ging in zahlreichen Entscheidungen davon aus, dass sich keine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols erkennenließe (vgl E 3282/2016; E 883/2017; E 2172/2017; E 2341/2017; E 3302/2017; 286/2019).  Der  Verwaltungsgerichtshof   ging  in  seinem  Erkenntnis  zu Ro 2015/17/0022 davon aus, dass der Spielerschutz sowie Maßnahmen zur Vorbeugung von Spielsucht und zur Reduktion von Kriminalität im österreichischen Glücksspielrecht sukzessive erweitert wurden, dass aber gerade im Onlinebereich eine starke Ausweitung illegalen Glücksspiels durch zahlreiche Anbieter erfolgt, die ihre Angebote äußerst offensiv bewerben, weshalb auch die teilweise expansionistische Geschäfts- und Werbepolitik der Konzessionsinhaber unionsrechtskonform sei. Das mit einem Konzessionssystem verbundene Glücksspielmonopol des Bundes verfolge – auch unter Berücksichtigung des für Landesausspielungen bestehenden Bewilligungssystems für Glücksspielautomaten – die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung sowie der Verhinderung von Kriminalität in kohärenter und systematischer Weise und sei daher nicht unionsrechtswidrig. Daran hielt der Verwaltungsgerichtshof  auch  in  nachfolgenden  Entscheidungen  fest (Ra 2018/17/0048; Ra 2018/17/0203; Ra 2019/17/0054; Ra 2021/17/0031).


Der Oberste Gerichtshof schloss sich in seiner am 22.11.2016 ergangenen Entscheidung 4 Ob 31/16m der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an. Er geht seitdem in ständiger Judikatur davon aus, dass das im GSpG normierte Monopol- bzw Konzessionssystem bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt (insbesondere der Werbemaßnahmen der Konzessionäre) allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (9 Ob 20/21p, 1 Ob 135/21s).

Ausgehend von der zitierten Rechtsprechung der Höchstgerichte bestehen jedenfalls auch für das Berufungsgericht keine Anhaltspunkte für eine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols, womit auch die von der Berufungswerberin vermuteten Feststellungsmängel nicht vorliegen und keine Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung besteht (ebenso hg. 21 R 156/21f, 21 R 200/21a uva).

Letztlich sieht das Berufungsgericht auch keinen Anlass, das von der Berufungswerberin im Wege der Mängelrüge urgierte Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen, liegt doch zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (in diesem Sinne 9 Ob 20/21p Rn [5]2.aE).

Aus allen diesen Erwägungen konnte daher der Berufung der Beklagten kein Erfolg beschieden sein.
Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO hat die Beklagte der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, weil im Hinblick auf die zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen, insbesondere 9 Ob 20/21p vom 24.06.2021 sowie jüngst 1 Ob 135/21s vom 12.10.2021, gesichert davon auszugehen ist, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen (Glücksspielmonopol) nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt und auch unter Bedachtnahme auf die Werbemaßnahmen der Konzessionäre im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und der von diesem Gerichtshof aufgezeigten Vorgaben nicht gegen Unionsrecht verstößt, wobei selbst exzessive Werbepraktiken der Konzessionäre keineswegs zur Unzulässigkeit des Konzessionssystems führen müssen, weil in einem solchen Fall auch eine (allenfalls interpretative) Reduktion der Werbemaßnahmen auf das zulässige Maß in Betracht kommt (vgl. ecolex 2021/578). Damit liegt keine ungelöste wesentliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO
vor.

 

 

 

Landesgericht St. Pölten, Abteilung 21 R St. Pölten, 21. Februar 2022

Mag. Marion Fischer, Richterin                                                                                                        

Elektronische Ausfertigung gemäß § 79 GOG